29.10.2014 Analfisteln

Schmerzhafte Gänge

Sie entwickeln sich aus verkümmerten Drüsen und machen eine Operation meist unumgänglich
Sie entwickeln sich aus verkümmerten Drüsen und machen eine Operation meist unumgänglich Bildnachweis: W&B/Dr. Ulrike Möhle

Während das Stinktier ihnen seinen Ruf verdankt, haben sie beim Menschen längst ausgedient. Dennoch bereiten die verkümmerten Reste der kryptoglandulären Drüsen bisweilen Probleme. Sie liegen am Übergang vom Enddarm in den Analkanal in Einbuchtungen der Schleimhaut. Diese winzigen Drüsenreste entzünden sich bei manchen Menschen, und es bilden sich Eiteransammlungen. Solche Abs­zesse können anschwellen und schmerzen dann oft so stark, dass Betroffene kaum noch in der Lage sind zu sitzen. Die einzige erfolgversprechende Behandlung besteht darin, den Abszess aufzuschneiden, damit der Eiter abfließt. Dann heißt es abwarten. Bei rund der Hälfte der Patienten heilt der Abszess trotz des Eingriffs nicht komplett ab, sagen Experten. Vier bis sechs Wochen nach der Abszess-Dränage ist absehbar, ob sich die Entzündung fortsetzt. In diesem Fall wächst der Abszess in tiefere Gewebsschichten vor, es entwickelt sich ein Gang. Diese Röhre bezeichnen Ärzte als Analfistel: ein nicht natürlicher Verbindungsgang von der Haut zum Inneren des Afters oder Darms. Führt er nach außen, treten zusätzlich zu den typischen Abszess-Symptomen wie Schmerz und Schwellung auch Ab­sonderungen und Jucken auf. Prinzipiell können Fisteln an vielen Stellen im Körper entstehen – überall dort, wo eine chronische Entzündung zu einem Abszess führt. Allerdings kommen sie am Darmausgang am häufigsten vor. Warum bei manchen Menschen die Analabszesse abheilen, sich bei anderen aber eine Fistel entwickelt, ist ungeklärt. Antibiotika oder andere Medikamente bieten keinerlei Schutz vor dieser Entwicklung. Dagegen scheinen bestimmte Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Tuberkulose sie zu begünstigen. Um eine Operation kommen die Betroffenen nicht herum. Bei dem Eingriff geht es darum, die Fistel zu beseitigen und die Kontinenz des Patienten zu erhalten. Eben das macht Analfisteln so proble­matisch: Sie verlaufen immer durch die Schließmuskeln. Bei kurzen, äußerlich gelegenen Analfisteln ist nur wenig Muskel betroffen, sodass sie sich gut entfernen lassen. Nach dem Eingriff bleibt eine Wunde zurück, die einige Wochen zum Abheilen benötigt. Damit ist das Problem behoben. Tiefe Analfisteln, deren Gänge oft fünf oder mehr Zentimeter lang sind, lassen sich zwar auch vollständig entfernen, die Chirurgen müssen dafür aber die Schließmuskeln durchtrennen und anschließend wieder nähen. Diese Technik hat laut Experten Erfolgsquoten von 80 bis 90 Prozent. Doch es gibt ein Inkontinenzrisiko. Die Gefahr ist aber in den vergangenen Jahren durch Verbesserungen des Verfahrens und des Nahtmaterials deutlich gesunken. Die Operationswunde wird nicht zugenäht. Sie heilt nach einigen Wochen von selbst. In den ersten Tagen schützt sie ein Salbenverband, später reicht tägliches Ausspülen zur Pflege. Als Alternative zur operativen Entfernung haben Mediziner in den vergangenen 20 Jahren verschiedene andere Behandlungsverfahren entwickelt. Sie alle zielen darauf ab, nur die Öffnung der Fistel im Enddarm abzudichten und den Gang zu belassen. Die Idee dahinter: Bleibt der Nachschub aus dem Darm aus, heilt die Fistel ab. Was nachvollziehbar und plausibel klingt, hat in der Praxis aber gewisse Schwächen. Zwar schonen die neuen Verfahren die Schließmuskeln, sodass das Inkontinenz-Risiko gering ist. Doch egal, ob die Fistelöffnung mit Darmschleimhaut, einem Bio-Stöpsel oder einer Klemme verschlossen wird, an die Erfolgsquote der Standard-Operation kommt bisher kein Verfahren heran.