15.10.2014 Reisedurchfall

Urlaub ohne Darmprobleme

Praktische Tipps zur Vorbeugung und Behandlung von Durchfall, damit Sie keinen Tag von der schönsten Zeit des Jahres verlieren
Praktische Tipps zur Vorbeugung und Behandlung von Durchfall, damit Sie keinen Tag von der schönsten Zeit des Jahres verlieren Bildnachweis: PhotoDisc/RYF

Die einschlägigen Tipps kennen fast alle Menschen, doch die ­wenigsten befolgen sie: Das Grundprinzip zur Vorbeugung des Reisedurchfalls – nur gekochte, gebratene und selbst geschälte Lebensmittel zu essen – wird Studien zufolge nur von einer Minderheit dauerhaft beherzigt. Zu verlockend sind das kunstvoll arrangierte Salatbuffet im Speisesaal und der eisgekühlte Cocktail an der Strandbar. Durchfall stellt die häufigste Reiseer­kran­kung dar. Außerhalb von Europa, Nord­amerika und Australien ist das Risiko fast überall erhöht. Rucksacktouristen trifft es häufiger als Urlauber in Hotelanlagen – ein guter Standard bietet einen gewissen Schutz. Doch Durchfall tritt auch in den besten Hotels auf – etwa wenn der Salat mit verunreinigtem Wasser gewaschen wird oder das Personal es mit der Hygiene nicht so genau nimmt. Ob und wie schwer es einen erwischt, hängt allerdings auch von der individuellen Empfindlichkeit ab. Unter anderem beeinflussen die Zusammensetzung und Stabilität der körpereigenen Darmflora das persönliche Risiko. Men­­schen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder geschwächtem Immunsystem bekommen leichter Durchfall. Auch manche Arzneimittel machen anfälliger – etwa Medikamen­te, die die Magensäureproduktion hemmen, und entzündungshemmen­de Kortisonpräparate, die das Immunsystem dämpfen. Die Betroffenen könnten von einer vorbeugenden Schluckimpfung gegen Cholera pro­fitieren. Sie bietet auch einen gewissen Schutz vor toxinbildenden Colibakterien, die für einen Großteil der Reisedurchfälle verantwortlich sind. Gegen Viren, Parasiten und andere Bakterien wie Salmonellen und Shigellen ist die Cholera-Impfung jedoch wirkungslos. Für gesunde Erwachsene lohnt sie sich deshalb nicht, sagen Experten. Ebenfalls umstritten ist die vorbeugende Einnahme von Probiotika – lebenden Keimen, die die Darmflora ­stabilisieren sollen. Zwar gibt es Hinweise, dass Probiotika, etwa mit medi­zini­scher Hefe, das Erkrankungsrisiko leicht senken sowie Schwere und Dauer der Erkrankung mildern. Wissenschaftliche Studien liefern jedoch widersprüchliche Ergebnisse. Wer trotzdem mit Hefepräparaten vorbeugen möchte, sollte bereits eine Woche vor Abreise mit der Einnahme beginnen und das Probiotikum während des Urlaubs konsequent weiternehmen. Um eine Wirkung zu erzielen, sind große Mengen an Keimen erforderlich. Für Kinder unter zwei Jahren und Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind diese Probiotika jedoch nicht geeignet. In der Regel klingt Reisedurchfall ­innerhalb von drei Tagen von selbst ab. Die wichtigste Maßnahme ist der Ausgleich des Wasser- und Elektrolytverlustes. Besonders Kleinkinder trocknen sehr schnell aus. Eine Glukose-Elektrolyt-Mischung gehört daher in jede Reiseapotheke. Um die Symptome zu lindern, eignen sich gerbstoffhaltige Präparate, die die Darmschleimhaut abdichten. Sie sind zu empfehlen, wenn jederzeit eine Toilette in der Nähe ist. Schneller wirkt der in kleinen Packungen ebenfalls rezeptfreie Moti­­litätshemmer Loperamid. Er stoppt wässrige Durchfälle ohne Fieber zuverlässig. Loperamid stellt den Darm vorübergehend ruhig, sollte jedoch nicht länger als zwei Tage eingenommen werden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich Bakteriengifte im Darm anreichern. Für Erwachsene gibt es seit Kurzem einen rezeptfreien Wirkstoff, der die Darmbewegungen nicht beeinträchtigt: Racecadotril verringert den Flüssigkeitsverlust, indem es den übermäßigen Wasser- und Elektrolyteinstrom in den Darm reduziert. Somit ist der Wirkstoff eine sinnvolle Ergänzung der Reiseapotheke. Hält der Durchfall trotz sympto­matischer Behandlung länger als drei ­Tage an, ist dagegen der Arzt gefragt. Bei Fieber, starken Bauchkrämpfen oder Blut im Stuhl brauchen die Betroffenen ein Antibiotikum. Dann sind Bakterien wie Salmonellen oder Shigellen in die Darmschleimhaut eingedrungen und verursachen eine Entzündung. Bei Reisen in entlegene Gebiete ist es daher sinnvoll, ein geeignetes Präparat mitzunehmen. In Dritt-Welt-­Ländern sind Medikamente oft gefälscht. Deshalb sollten Fernreisende ein sicheres und wirksames Antibiotikum mit deutschem Beipackzettel im Gepäck haben, raten Ärzte und Apotheker. Bewährt hat sich der Wirkstoff Ciprofloxazin, gegen den jedoch in Südostasien inzwischen viele Erreger resistent sind. Für diese Region emp­fehlen Reisemediziner deshalb das Breitband-Antibiotikum Azithromycin. Der Wirkstoff Rifaximin schließlich wirkt überwiegend im Darm und hat daher geringere Nebenwirkungen. Er hilft aber weniger gegen Bakterien, die bereits in die Darmschleimhaut eingedrungen sind. Wenn nach Einnahme eines Anti­biotikums nicht innerhalb von 24 Stunden eine deutliche Besserung eintritt, hat der Durchfall meist andere Ursachen. Anhaltender Durchfall und Fieber können auch auf eine Malaria hinweisen. Spätestens wenn der Durchfall nach der Rückkehr immer noch besteht, sollte man die Erreger bestimmen lassen. Hartnäckige Durchfälle werden oft durch Parasiten ­verursacht, etwa Amöben oder Lamblien. Diese lassen sich mit Metronidazol gut behandeln. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, empfiehlt es sich für Fernreisende, sich vor dem Urlaub reisemedizinisch beraten zu lassen. In die individuelle Risiko­­bewertung fließen neben dem Ziel und der Art der Reise auch Vorerkrankungen, Unverträglichkeiten und Me­dikamente des Urlaubers ein.