08.01.2014 Mastix

Begehrtes Baumharz

Das uralte Genuss- und Heilmittel lässt sich vielseitig nutzen und interessiert nun auch Forscher
Das uralte Genuss- und Heilmittel lässt sich vielseitig nutzen und interessiert nun auch Forscher Bildnachweis: Thinkstock/istock

Für Mastix hat offenbar jeder eine andere Verwendung: Feinschmecker nutzen ihn als aromatisch-herbes Gewürz, Maler als Firnis, Maskenbildner als hautfreundlichen Kleber, Geigenbauer als Lack und Esoteriker als Räucherwerk. In Kaugummis und Mundwässern kommt das Harz gegen Zahnbelag und Mundgeruch zum Einsatz, in Naturkosmetika als Hautpflegemittel und in der Volksmedizin bei Verdauungsproblemen. Seit einigen Jahren interessiert sich auch die medizinische Forschung für das von der griechischen Insel Chios stammende Multitalent. Mastix ist ein Harz des Mastix-Strauchs Pistacia lentiscus, der im Mittelmeerraum und auf den Kanarischen Inseln wächst. Die immergrünen Sträucher haben dicke, knorrige Äste und erreichen eine Höhe von zwei bis drei Metern. Nur auf Chios werden sie zur Harzgewinnung kultiviert. Auf den kalkhaltigen Mergelböden im Süden der Insel gedeihen sie besonders gut. Tropfen für Tropfen Qualität Ab Mitte Juni bis in den August ritzen Mastix-Bauern die Rinde regelmäßig mit kurzen, senkrechten Schnitten ein. Aus den Verletzungen tropft ein würzig duftender klarer Balsam, der mit unter dem Strauch ausgelegten Steinplatten oder Plastikplanen aufgefangen wird. Dort härtet er innerhalb von zehn bis zwanzig Tagen aus. Pro Pflanze lassen sich vier bis fünf Kilogramm Harz gewinnen. Die getrockneten Stückchen erinnern an Kandiszucker, schmecken aber wegen ihres hohen Gehalts an Triterpenen und ätherischen Ölen würzig und leicht bitter. Seit 2500 Jahren dient Mastix im Mittelmeerraum als Genuss- und Heilmittel. Er wurde bereits in der Bibel sowie von berühmten Heilkundigen wie Hippokrates und Galenus erwähnt. In der Antike galt das Harz als ebenso wertvoll wie Gold, weshalb Chios unter den griechischen Inseln schon immer zu den wohlhabenden zählte. Keimtötende Wirkung Inzwischen haben Wissenschaftler aus aller Welt die Erfahrungen der Volksheilkunde bestätigt: Sie bescheinigen dem Harz bemerkenswerte antibakterielle und entzündungshemmende Effekte, die sich unter anderem bei Magen-Darm-Erkrankungen nutzen lassen. Bereits 1998 berichteten Forscher der Universität Nottingham im Ärzteblatt New England Journal of Medicine, dass Mastix Magengeschwüre abheilen lässt, indem er das Wachstum des Magenkeims Helicobacter pylori bremst. Dieser ist an der Entstehung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren beteiligt. Internationale Karriere Seit dieser Entdeckung macht der griechische Exportschlager international Karriere: Wissenschaftler der Universität Athen etwa wiesen eine entzündungshemmende Wirkung bei der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn nach. In einer Studie der Universität Schanghai verringerte Mastix die Aktivität von Prostatakrebszellen. Laut einer Untersuchung der türkischen Süleyman-Demirel-Universität hemmt das Kauen von Mastix-Kaugummi das kariesverursachende Bakterium Streptococcus mutans. Israelische und japanische Forscher stellten zudem günstige Effekte bei Mundgeruch, Zahnbelag und Zahnfleischentzündungen fest. Wie griechische Forscher in der Fachzeitschrift Current Medicinal Chemistry zusammenfassen, ist das Potenzial des traditionellen Heilmittels noch lange nicht erschöpft – zumal das Harz praktisch keine Nebenwirkungen haben soll.