26.06.2013 Alkoholfreies Bier

Getränk mit Zukunft

Dank neuer Braumethoden schmeckt alkoholfreies Bier heute besser. Sportler können sogar davon profitieren
Dank neuer Braumethoden schmeckt alkoholfreies Bier heute besser. Sportler können sogar davon profitieren Bildnachweis: Thinkstock/iStockphoto

Der Bierdurst der Deutschen lässt nach. Laut Auskunft des Statistischen Bundesamts sank der Bierabsatz 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 1,8 Prozent und erreichte damit den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Lag der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch in den 1980ern bei 146 Litern jährlich, waren es 2011 nur noch 107 Liter. Im gleichen Zeitraum nahm der Absatz der alkoholfreien Variante um 15 Prozent zu. Der Grund: Die Leute werden gesundheitsbewusster, deshalb liegen alkohol- und kalorienarme Biere im Trend. Wie Sportmediziner der Technischen Universität München in einer Studie mit 277 Marathonläufern zeigen konnten, besitzt alkoholfreies Weißbier zudem einen Gesundheitswert. Drei Wochen vor einem Lauf und zwei danach tranken alle Studienteilnehmer täglich einen bis anderthalb Liter davon: Eine Gruppe erhielt ein „normales“, polyphenolhaltiges Getränk, die Kontrollgruppe eine polyphenolfreie Variante. Den Polyphenolen – Pflanzenstoffen, die auch in Obst, Gemüse und Weinvorkommen – werden vielfältige gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Nach großen körperlichen Belastungen wie einem Marathon ist die Infektanfälligkeit vorübergehend erhöht. Die Sportmediziner konnten zeigen, dass polyphenolhaltiges Weißbier antientzündlich wirkt und ein durch körperlichen Stress geschwächtes Immunsystem stärken kann. Die Läufer der „Polyphenolgruppe“ erlitten in den zwei Wochen nach dem Marathon seltener Atemwegsinfekte als die der Kontrollgruppe. Traten bei ihnen Infekte auf, verliefen sie zudem schwächer. Normales Weißbier enthält zwar noch mehr Polyphenole als alkoholfreies, doch die Nebenwirkungen des Alkohols würden den Nutzen der Polyphenole überwiegen, sagen Experten. Zusätzliches Plus: Bier enthält Vitamine, Mineralstoffe und Aminosäuren. Viele alkoholfreie Sorten eignen sich deshalb als isotonisches Sportlergetränk. Doch auch wenn es nicht so kalorienreich ist wie normales Bier, sollten vor allem Menschen, die sich nicht so viel bewegen, auch hier Maß halten. Kurze Gärung, wenig Geschmack Dass viele Bierfreunde sich nicht mit dem Alkoholfreien anfreunden können, liegt vor allem an seinem vergleichsweise faden Geschmack und dem etwas eigenartigen Geruch. Dieser ist darauf zurückzuführen, dass bei der gängigsten Braumethode für Alkoholfreies die Gärung früher gestoppt wird. Dadurch behält das Bier oft den würzehaltigen Charakter. Bei geringerem Alkoholgehalt entstehen zudem weniger Aromastoffe. Dank neuer Herstellungsverfahren kommen die alkoholfreien Biere dem Original jedoch deutlich näher. Bewährt hat sich eine spezielle Kombination aus Hefepilzen und Milchsäurebakterien, die nur bestimmte Zucker im Malz verwerten können und deshalb mehr Aromastoffe bilden. Bereits nach drei bis vier Tagen haben sie die Gärung beendet und dabei die biertypischen Aromen hervorgebracht. Was viele nicht wissen: Auch alkoholfreies Bier darf bis zu 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten – das sind bis zu vier Gramm Alkohol pro Liter. Freiburger Rechtsmediziner gingen daher der Frage nach, ob der Konsum alkoholfreien Biers für Fahranfänger rechtliche Konsequenzen haben könnte – für sie gilt bekanntlich die 0,0-Promille-Grenze. 78 Testpersonen tranken innerhalb einer Stunde anderthalb Liter alkoholfreies Bier. Anschließend wurden in regelmäßigen Abständen Blutproben entnommen. Das Fazit: Nach dem Konsum von alkoholfreiem Bier sind auch für Fahranfänger keine negativen führerscheinrechtlichen Konsequenzen zu erwarten. Die höchste gemessene Blutalkoholkonzentration betrug mit 0,0056 Promille weniger als ein Dreißigstel des gesetzlichen Grenzwerts von 0,2 Promille. Schon 30 Minuten nach dem letzten Schluck konnte in keinem Fall mehr Alkohol nachgewiesen werden. Nicht für ehemalige Alkoholiker Auch für Schwangere und Menschen, die regelmäßig Medikamente einnehmen müssen, ist alkoholfreies Bier als Durstlöscher erlaubt. Ehemaligen Alkoholikern würden Experten das Getränk allerdings nicht empfehlen: Aussehen und Geschmack erinnern zu stark an echtes Bier. Das könnte einen Rückfall provozieren. Auch Kinder sollten aus psychologischen Gründen trotz des niedrigen Alkoholgehalts kein alkoholfreies Bier trinken. Sie gewöhnen sich sonst zu früh an den Geschmack, und das erleichtert den Umstieg auf „echtes“ Bier.