22.02.2012 Arzneimittelsicherheit

Initiative gegen Medikamentenfälschungen

Apotheker sowie Pharmagroßhändler und -hersteller gehen gemeinsam gegen Fälschungen vor
Apotheker sowie Pharmagroßhändler und -hersteller gehen gemeinsam gegen Fälschungen vor Bildnachweis: W&B/IFA

Gefälschte Arzneimittel stellen in Europa und damit auch in Deutschland ein wachsendes Problem dar. Einfallstor ist meist der illegale Versandhandel. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass der Fälschungsanteil hier bei rund 50 Prozent liegt – Tendenz steigend. Dagegen gilt der legale Vertriebsweg vom Hersteller über den Großhandel in die Apotheken als sehr sicher. Hier tauchten bisher nur vereinzelt gefälschte Arzneimittel auf. Mit der Globalisierung des Arzneimittelmarkts steigt aber das Risiko, dass Fälschungen auch in die legale Lieferkette gelangen. Um gefälschte Arzneimittel auch in Zukunft von Apotheken fernzuhalten, haben sich alle Beteiligten der Lieferkette zu der Initiative Securpharm zusammengeschlossen. Die Initiative entwickelt ein Siche­rungssystem, mit dem Apotheker im Beisein der Patienten die Echtheit von Arzneimitteln prüfen können. Anstoß zu der Initiative gab eine neue EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschun­gen: Europaweit sollen Präpa­rate künftig mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen versehen werden, welche die Identifizierung jeder einzelnen Packung ermöglichen. Die Verordnung soll 2016 in Kraft treten. Bis dahin versucht die Initiative die Vorgaben auf nationaler Ebene umzusetzen. Für einen im Januar 2013 beginnenden Pilotversuch versehen ausgewählte Hersteller die Packungen rezeptpflichtiger Arzneimittel mit einem zweidimensionalen Data-Matrix-Code, wie er zum Beispiel von Bahnfahrkarten bekannt ist. Jede Packung erhält eine individuelle Seriennummer, die in einer Datenbank gespeichert wird. Damit wird sie zum Unikat. Um den Code entziffern zu können, werden die Apotheken mit speziellen Lesegeräten ausgestattet. Bevor der Apotheker ein Medikament abgibt, startet er eine Abfrage in der Datenbank. Ist die Seriennummer in Ordnung, gibt das System grünes Licht, und die Packung wird als „abgegeben“ vermerkt. Eine unbekannte oder bereits abgegebene Packungsnummer löst hingegen Alarm aus. Der Patient erhält eine andere Packung, und der Apotheker geht der Sache auf den Grund. Die Beteiligten der Initiative sind zuversichtlich, dass diese zusätzliche Kontrolle Fälscher künftig abschrecken wird. Eine dreimonatige Testphase soll die Alltagstauglichkeit des Konzepts unter Beweis stellen. Zunächst gilt es, die technischen Voraussetzungen für eine zügige Abfrage zu schaffen. Die Arbeitsabläufe dürfen nicht behindert oder verzögert werden. Auf die Apotheken kommen Mehrkosten für die Ausrüstung zu. Am stärksten ist jedoch die Pharmaindustrie betroffen, die ihre Produktionsstraßen umrüsten muss. Die Bereitschaft, in noch aufwendigere Sicherungssysteme zu inves­tieren, hält sich derzeit in Grenzen. RFID-Transponder (Radio Frequency Identification), wie sie in der Bekleidungsindustrie als Diebstahlschutz zum Einsatz kommen, werden sich daher schwer durchsetzen. Sie sind sicherer als Data-Matrix-Codes, aber auch teurer. RFID-Transponder bestehen aus einem Speicherchip und einer Antenne, die über Funkwellen mit einem Lesegerät kommuniziert. Der Chip kann ausgelesen und beschrieben werden, sodass Großhandel und Apotheken Informationen ergänzen können. Damit könnte man den Weg eines Arzneimittels vom Hersteller bis zum Patienten lückenlos nachvollziehen. Veränderbare Informationen wären zudem schwerer zu kopieren als Data-Matrix-Codes. Außerdem ließen sich ohne Sichtkontakt mehrere Packungen auf einmal auslesen. Das würde wiederum Zeit sparen und die Arbeit erleichtern. Ein Forschungsprojekt konnte zeigen, dass sich die Kosten verringern, wenn die Antennen bereits während der Herstellung auf die Packung gedruckt werden. Die RFID-Technik bietet sich vor allem für hochpreisige Medikamente und Betäubungsmittel an. Welche Arzneimittel mit einem Fälschungsschutz versehen werden müssen, legt die EU-Kommission noch fest.